„Wie Yoga Ihren Körper ruiniert“ ist ein Artikel in der New York Times vom 5. Januar überschrieben.
Er bezieht sich auf ein im Februar erscheinendes Buch (s.o.), das über zahlreiche Fälle von teilweise schweren körperlichen Schäden berichtet, die nachweislich durch die Praxis von Yoga entstanden sind.
Kann Yoga schaden?
Unsere Antwort ist ein eindeutiges Ja.
Allerdings kommt es entscheidend darauf an, von welcher Art, welchem Stil des Yoga dabei die Rede ist.
Für einige dieser Stile sind die vorgebrachten Bedenken völlig berechtigt. Tatsächlich gab es in der vielfältigen Yogawelt schon immer Richtungen, denen beim Üben am wichtigsten war, bestimmte Formen perfekt zu beherrschen; “Stile”, für die akrobatische Übungen eine Herausforderung waren, die es zu meistern gilt; Richtungen, die alle TeilnehmerInnen ihrer Yogagruppen die gleichen Übungen praktizieren lassen ohne sie zu variieren.
Ob Sie es mit einem solchen – für Ihre Gesundheit riskanten – Verständnis von Yoga
zu tun haben, lässt sich leicht erkennen:
– Im Vordergrund steht dort eine Betonung der Körperflexibilität.
Oft sind Übungen besonders beliebt, in denen extreme Dehnungen gefordert sind.
Ihre Meisterung (z.B.: die Stirn erreicht in der Vorbeuge die Knie) gilt als Beweis,
dass Sie „im Yoga weitergekommen“ sind.
– Übungen wie der Pflug, Schulterstand oder Kopfstand, intensive Vor- oder Rückbeugen
ebenso wie der Lotussitz werden dort als erstrebenswerte Körperhaltungen angesehen.
Und das, obwohl wir schon lange wissen, dass zum Beispiel eine Haltung wie der „Pflug“
eine nette Übung für kleine Kinder sein mag (aber auch für sie nur, wenn er nicht allzu oft
und intensiv wiederholt wird), für einen erwachsenen Menschen aber sehr schnell
(und leider über lange Zeit unbemerkt!) zu einer Überdehnung des Nackens führen können.
Die Folge ist oft eine schmerzhafte Schädigung der Halswirbelsäule, verbunden mit einer
dauerhaften Beeinträchtigung der Stabilität dort.
– Riskant auch das Üben in aufgeheizten Räumen. Es verringert nicht das Verletzungsrisiko,
sondern erhöht es. Unter anderem, weil dem Körper mehr an Dehnungen zugemutet wird
als ihm gut tut, ganz zu schweigen von der unnatürlichen Belastung für das Herz-Kreislaufsystem.
Übungsreihen, die in dieser Weise eine echte Gefährdung Ihrer Gesundheit sein können
sind zum Beispiel:
– die sogenannte “Rishikesh-Reihe”
– viele Übungsreihen des “Ashtanga-Vinyasa-Yoga” oder “Power Yoga”
– auch im sogenannten “Iyengar-Yoga” wird den oben beschrieben Konzepten intensivster Dehnung
gefolgt.
Es gibt aber an vielen Orten Deutschlands, Österreichs und der Schweiz viel
Yogaunterricht, der nicht auf diese Weise Ihre Gesundheit gefährdet.
Ihnen werden dort keine akrobatischen Übungen beigebracht.
Es wird nicht auf bestimmten angeblich „klassischen“ Formen der Âsana bestanden.
Langes Halten von starken Dehnungen und unphysiologische Belastungen gehören nicht zum Übungsrepertoire.
Vielmehr werden dort alle Yogaübungen den heutigen Kenntnissen darüber angepasst, was einem Körper schadet und was ihm nützt.
Darüber hinaus werden alle Übungsabläufe in sinnvoller Weise aufeinander aufgebaut. Um Fehlbelastungen zu vermeiden, gibt es entsprechende Vorbereitung und Übungen, die mögliche Spannungen ausgleichen.
Kurz: Im Üben steht die Gesundheit der TeilnehmerInnen im Vordergrund.
Jede Praxis wird konsequent den Gegebenheiten und Möglichkeiten der Übenden angepasst.
Schmerz ist dort auch kein „Meister“, wie es in manchen Yogarichtungen allen Ernstes behauptet wird, sondern ein klares Warnzeichen: Jetzt beginnen Sie sich zu schaden!
Ein solches Verständnis von Yoga finden sie im Yoga Institut Staig und bei allen von uns ausgebildeten Lehrern und Lehrerinnen. Um dem Kind einen Namen zu geben, benutzen wir für diese Art von Yoga den Begriff „Viniyoga“: „die Kunst Yoga anzupassen“ , ein altes Konzept aus dem Yoga selbst.
Aber auch ohne diesen Begriff arbeiten viele andere YogalehrerInnen ganz in diesem Sinne.
Wenn Sie mit Yoga auch Ihrer Gesundheit etwas Gutes tun wollen, seien Sie also achtsam.
Schauen Sie sich genau an, welche Übungen Ihnen vorgeschlagen werden.
Achten Sie darauf, ob mit Beschwerden oder Einschränkungen, die Sie mitbringen, Schwierigkeiten, auf die Sie treffen, kompetent umgegangen wird.
Auf jeden Fall aber: Meiden sie langes statisches Verweilen in Körperpositionen,
die eine sehr große Beweglichkeit verlangen.
Und natürlich: Übungen wie der Pflug gehören in keinen Yogaunterricht.
Das in den USA im Februar 2012 erschienene Buch sorgt noch immer für Aufregung in der Yoga-Szene: »The Science of Yoga, The Risks and the Rewards« von William J. Broad.
Die New York Times veröffentlichte den Vorabdruck einiger Auszüge unter der Überschrift: »Wie Yoga ihren Körper ruinieren kann«. Kurz darauf titelte die Neue Züricher Zeitung: »Die Yoga Lüge«.
»OM oder Aua« hieß es ironisch in Österreich und im Berliner Tagesspiegel wie bei Zeit-Online schlicht: »Überdehnt«. Etwas poetischer die Süddeutsche Zeitung: »Wenn die Krähe Schmerzen bringt«,
sehr ausführlich die Allgemeine Frankfurter Sonntagszeitung unter: »Der Körper hält viel aus«.
William J. Broads Buch handelt – unter anderem – davon, welche Schäden Yogapraxis nachweislich anrichten kann. Seine Liste ist lang, die beschriebenen Fälle zum Teil spektakulär.
Und weil William J. Broad, selbst Yogapraktizierender seit vierzig Jahren, nicht irgendwer ist, sondern ein angesehener Journalist der New York Times, Gewinner aller wichtigen Journalistenpreise Amerikas, hat sein Buch entsprechend große Beachtung gefunden. Zu Recht, wie wir meinen.
Es macht endlich öffentlich, was von manchen Yogalehrenden noch immer ignoriert wird:
Âsanapraxis kann dem Körper durchaus Schaden zufügen.
Unter welchen Bedingungen, damit beschäftigt sich der ausführliche Artikel aus dem aktuellen Heft 50 von Viveka, Hefte für Yoga, der hier (kostenlos) heruntergeladen werden kann: